21.06.2023 | CEO News
Rede von Martin Daum anlässlich der Hauptversammlung der Daimler Truck Holding AG.
21.06.2023 | CEO News
Rede von Martin Daum anlässlich der Hauptversammlung der Daimler Truck Holding AG.
- Es gilt das gesprochene Wort während der Hauptversammlung –
Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, liebe Freunde von Daimler Truck,
im Namen des gesamten Vorstands begrüße ich Sie sehr herzlich zu unserer heutigen Hauptversammlung. Ich freue mich sehr auf den Austausch mit Ihnen.
Vorab möchte ich Ihnen berichten, wie erfolgreich wir als Daimler Truck derzeit unterwegs sind. Wie Sie wissen, haben wir uns als Unternehmen zwei große strategische Ziele gesetzt: Wir wollen unser gesamtes Ertragspotenzial ausschöpfen. Und wir wollen die Transformation unserer Branche anführen – die historische, technologische Transformation hin zu einem nachhaltigen Transport. Soll heißen: Wir sind entschlossen, Daimler Truck auf ein neues, nächstes Niveau zu heben. Zum Wohl von Ihnen, unseren Aktionärinnen und Aktionären. Zum Wohl unserer Kundinnen und Kunden und unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und nicht zuletzt auch zum Wohle der Allgemeinheit. Daimler Truck konsequent weiterzuentwickeln, ist eine großartige Aufgabe – und eine großartige Reise. Es ist eine Reise, bei der wir alles im Gepäck haben, was wir für einen erfolgreichen Verlauf brauchen; bei der wir einen enormen Willen haben, diese Reise zum Erfolg zu führen; und bei der wir sehr gut vorankommen und schon viel erreicht haben. All das möchte ich Ihnen nun gerne im Einzelnen darlegen.
Lassen Sie mich mit einem Blick in den Rückspiegel beginnen – zurück auf die wesentlichen Ereignisse und Ergebnisse des Geschäftsjahrs 2022. Hier lautet meine erste Botschaft: Unser Umfeld hat sich 2022 deutlich schwieriger entwickelt als dies zunächst zu erwarten war. Ob der erschütternde Krieg Russlands gegen die Ukraine mit all seinen Verwerfungen, die hohe Inflation oder auch die angespannten Lieferketten – all dies war zu Beginn des vergangenen Jahres so nicht vorhersehbar. Auf dieses neue, komplexe Umfeld haben wir uns schnell eingestellt. Wir haben das vergangene Jahr zu einem sehr erfolgreichen Jahr gemacht. Eine Zahlenreihe verdeutlicht das sehr gut: 14 - 28 - 55. Diese Zahlen stehen für unsere Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr. Unser Absatz ist um 14 Prozent gewachsen – trotz gravierender Lieferengpässe. Unser Umsatz hat doppelt so stark zugelegt, nämlich um 28 Prozent. Und unser bereinigtes EBIT, also unser operativer Gewinn, ist nochmal fast doppelt so stark gestiegen, und zwar um 55 Prozent.
14 – 28 – 55: Das ist nicht nur eine fast perfekte mathematische Zahlenreihe, sondern vor allem das Ergebnis hochkonzentrierter Arbeit – und ein Paradebeispiel für profitables Wachstum. Daimler Truck hat 2022 also ein sehr profitables Wachstum erzielt. Und auch unser absolutes Ergebnis kann sich sehen lassen: Unser um Sondereffekte bereinigtes EBIT hat im vergangenen Jahr fast vier Milliarden Euro erreicht, nämlich exakt 3,959 Milliarden Euro. Das ist das beste Ergebnis in unserer Unternehmensgeschichte. Auf diesen Erfolg können wir sehr stolz sein, gerade in diesem herausfordernden Umfeld. Ich danke deshalb unserem gesamten globalen Daimler Truck-Team für diese starke Mannschaftsleistung!
An unserem erfolgreichen Geschäftsverlauf möchten wir Sie, unsere Aktionärinnen und Aktionäre, selbstverständlich gerne teilhaben lassen. Vorstand und Aufsichtsrat schlagen der Hauptversammlung deshalb vor, für das vergangene Geschäftsjahr eine Dividende von 1,30 Euro je Aktie auszuschütten. Das ist die erste Dividende, die wir als börsennotiertes Unternehmen auszahlen. Es ist eine schöne Premiere – und zugleich ein herzlicher Dank für Ihr Vertrauen in Daimler Truck und in unsere Arbeit.
Wenn wir nun nach vorne blicken, so tun wir dies sehr zuversichtlich. Denn das Allerbeste am besten Ergebnis unserer Unternehmensgeschichte ist Folgendes: Trotz aller Erfolge in den vergangenen Jahren haben wir noch viel Potenzial, um auch in den kommenden Jahren weiter zuzulegen. Wir können – und wir werden – uns weiter steigern. Für den weiteren Verlauf unserer Reise haben wir uns sehr konkrete, ambitionierte Ziele gesteckt. Das gilt schon für das laufende Geschäftsjahr. Im Gesamtjahr 2023 wollen wir beim Umsatz erneut zulegen, und vor allem auch beim operativen Gewinn. Wir wollen also auch in diesem Jahr profitabel wachsen – und unsere Ergebnisse des ersten Quartals 2023 zeigen, dass wir hier sehr gut unterwegs sind.
Bei Absatz, Umsatz, bereinigtem operativem Gewinn und vielen weiteren Kennzahlen liegen wir in den ersten drei Monaten dieses Jahres deutlich über dem Vorjahr. Besonders positiv ist, dass alle unsere Segmente dazu beigetragen haben – Trucks North America ebenso wie Mercedes-Benz, Trucks Asia, Daimler Buses und Financial Services. Damit haben wir unsere Profitabilität nun Schritt für Schritt weiter verbessert: 2021 hatten wir in unserem Industriegeschäft eine bereinigte Umsatzrendite von 6,1 Prozent erreicht. 2022 waren es schon 7,7 Prozent. Und im ersten Quartal 2023 haben wir 8,8 Prozent erzielt. Das erste Quartal 2023 ist somit das erfolgreichste erste Quartal in der Geschichte von Daimler Truck.
Hinzu kommt: Das erste Quartal eines Jahres ist bei uns im Jahresverlauf in aller Regel das schwächste Quartal. Ein Missverständnis möchte ich deshalb gerne ausräumen. Dass unser Auftragseingang im ersten Quartal um elf Prozent zurückging, wurde verschiedentlich als nachlassende Dynamik interpretiert. Das trifft nicht zu. Denn Folgendes ist wichtig zu wissen: Für das laufende Jahr sind wir praktisch ausverkauft. Und in den ersten Monaten dieses Jahres waren unsere Auftragsbücher für 2024 noch nicht geöffnet. Dass unser Auftragseingang in dieser Situation zwischenzeitlich etwas nachgibt, ist keine Überraschung. Das war vielmehr zu erwarten und sagt wenig aus. Viel wichtiger ist: Unser Auftragsbestand ist unverändert auf einem sehr hohen Niveau. Und alle Zeichen aus den Märkten deuten darauf hin, dass die Nachfrage nach unseren Fahrzeugen und Services auch über 2023 hinaus stark bleibt.
Daimler Truck hat also weiterhin genau das richtige Momentum. Wir sind auf unserer Reise weiterhin sehr gut unterwegs – und zwar gerade auch mit Blick auf die Rendite-Ambitionen, die wir uns für 2025 vorgenommen haben. Diese Ambitionen kennen Sie von unserer Hauptversammlung im vergangenen Jahr und daran halten wir unverrückbar fest. Darauf ist unsere gesamte weltweite Organisation eingeschworen. Unsere Ambitionen 2025 besagen: In einem guten Marktumfeld – unserem sonnigen Szenario – wollen wir in unserem Industriegeschäft eine bereinigte Umsatzrendite von mindestens zehn Prozent erreichen. In einem normalen Marktumfeld – unserem bewölkten Szenario – wollen wir acht bis neun Prozent Rendite erreichen. Und in einem schwierigen Marktumfeld wollen wir immer noch eine Rendite von sechs bis sieben Prozent erwirtschaften. Das ist unser regnerisches Szenario.
Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, liebe Freunde von Daimler Truck, Sie sehen: Wir arbeiten mit hoher Konzentration, mit vollem Einsatz und mit großem Erfolg daran, das gesamte Ertragspotenzial unseres Unternehmens zu erschließen. Das ist das erste große strategische Ziel, das wir uns als Daimler Truck auf unserer Reise vorgenommen haben.
Dieselbe Entschlossenheit haben wir bei unserem zweiten übergeordneten Ziel: Wir wollen die Transformation zum nachhaltigen Transport anführen. Als Daimler Truck haben wir dafür die denkbar besten Voraussetzungen: Wir haben eine starke, globale Präsenz in allen Regionen der Welt – und zwar bei unserem Fahrzeuggeschäft wie auch bei unseren Services und Finanzdienstleistungen.
Und wir haben eine globale Innovationskraft. Das bedeutet: Wir können neue Technologien und Lösungen immer in der Region zuerst aufgreifen, die hier vorne dran ist – und sie dann sukzessive in allen anderen Regionen nutzen. Über unsere verschiedenen Segmente hinweg können wir als Daimler Truck deshalb sehr stark voneinander profitieren und lernen. Jedes einzelne Segment trägt somit entscheidend zum Erfolg unserer Reise bei.
Beim nachhaltigen Transport haben wir uns klare Ambitionen gesetzt: 2030 sollen in Europa bis zu 60 Prozent unseres Absatzes auf emissionsfreie Fahrzeuge entfallen. Und ab 2039 wollen wir in Europa, USA und Japan ausschließlich emissionsfreie Fahrzeuge anbieten. Ich verstehe natürlich sehr gut, dass viele Menschen derzeit vor allem auch wegen anderer Themen besorgt sind, die nichts mit dem Klimawandel zu tun haben. Wegen des Ukraine-Kriegs und anderen geopolitischen Risiken beispielsweise oder auch wegen der hohen Inflation. Dadurch gerät der Klimawandel zwangsläufig etwas in den Hintergrund, in den Medien wie auch in der öffentlichen Debatte. Aber der Kampf gegen den Klimawandel hat nichts an Dringlichkeit verloren. Im Gegenteil: Die Dringlichkeit nimmt weiter zu, wie die immer schneller steigenden globalen Durchschnittstemperaturen zeigen. Wir haben uns als Daimler Truck deshalb sehr bewusst entschieden: Wir wollen in unserer Branche den Kampf gegen den Klimawandel anführen. Denn richtig ist: Auf Lkw und Busse entfällt ein nicht unerheblicher Anteil der weltweiten CO2-Emissionen.
Aber richtig ist auch, und das wird bisweilen vergessen: Lkw und Busse sind nicht zum Vergnügen unterwegs. Sie sind unterwegs, um Waren und Güter zu Supermärkten, Baustellen oder Krankenhäusern zu bringen – und Menschen zur Arbeit, zur Schule oder in den Urlaub. Sie bilden das Rückgrat von Wirtschaft und Gesellschaft. Mit unseren Lkw und Bussen halten unsere Kunden die Welt in Bewegung. Wir sind bei Daimler Truck deshalb sehr stolz auf unsere Produkte. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir Nutzfahrzeuge anbieten – Fahrzeuge, die für die Allgemeinheit einen so großen Nutzen haben. Daraus ergeben sich zwei Schlussfolgerungen. Erstens: Lkw und Busse sind absolut unverzichtbar – und zwar nicht nur heute, sondern auch morgen. Und zweitens: Morgen müssen – und werden – Lkw und Busse nachhaltig sein. Daran arbeitet unser gesamtes Team mit größter Leidenschaft. Keine Frage: Die Transformation zum nachhaltigen Transport der Zukunft von der Spitze weg zu gestalten, ist ein sehr ambitioniertes Reiseziel. Aber wir wissen genau, wo wir hinwollen – wir haben einen klaren Kompass. Und wir haben alles im Gepäck, was es für einen erfolgreichen Reiseverlauf braucht.
Ein Kernelement ist unsere Technologie-Strategie. Bei Daimler Truck setzen wir nicht nur auf ein nachhaltiges Antriebskonzept, sondern auf zwei. Parallel zu Batterien arbeiten wir auch mit Wasserstoff. Wir sprechen hier von einer dualen Strategie und ich sage nicht ohne Stolz: Wir haben unsere Wasserstoff-Strategie schon vor einigen Jahren verabschiedet – zu einer Zeit also, als Zweifel an diesem Energieträger noch recht verbreitet waren. Es freut mich sehr, dass seitdem die negativen Stimmen deutlich leiser und die positiven Stimmen deutlich lauter geworden sind. Inzwischen ist weithin verstanden, dass Volkswirtschaften auch in Zukunft in der Lage sein müssen, ihren Energiebedarf zuverlässig zu decken. Dafür müssen sie grüne Energie transportieren und speichern können. Und viele Volkswirtschaften müssen grüne Energie auch importieren können.
Das heißt: Die Welt braucht einen geeigneten, CO2-freien Energieträger. Die Welt braucht Wasserstoff. Und ich bin überzeugt: Wasserstoff wird auch beim Antrieb von Lkw und Bussen eine wichtige Rolle spielen. Das wird anhand einiger Fakten schnell deutlich: Würden emissionsfreie Lkw in Zukunft ausschließlich mit Batterien betrieben, so müsste jede Autobahnraststätte über eine Größenordnung von 20 bis 50 Ladestationen verfügen. Und jede Ladestation müsste für Megawatt-Laden ausgerüstet sein. Das heißt: Jede Raststätte hätte den Energiebedarf einer Kleinstadt. Eine solche Lade-Infrastruktur, meine Damen und Herren, gibt es nur im Konjunktiv. Eine öffentliche Lade-Kapazität in dieser Größenordnung flächendeckend bereitzustellen, ist schlicht nicht realistisch. Das würde den Stromnetzausbau hoffnungslos überfordern. Schon allein aus diesem Grund brauchen wir für Lkw – parallel zur Batterie – in Zukunft auch Wasserstoff.
Auf Basis dieser beiden Antriebskonzepte bauen wir Zug um Zug – oder genauer gesagt: Truck für Truck und Bus für Bus – unser Produkt-Portfolio der Zukunft auf. Und wir sind hier schon weit fortgeschritten. Unseren ersten Batterie-Lkw hatten wir bereits 2017 auf den Markt gebracht. Unser erster Batterie-Bus folgte ein Jahr später, 2018. Seitdem haben wir unsere Produkt-Familie der Zukunft ständig erweitert. Ende 2022 hatten wir schon acht verschiedene emissionsfreie Lkw- und Bus-Modelle in Serienproduktion – nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, in Südamerika und in Japan. Und Ende dieses Jahres werden es bereits zehn emissionsfreie Serienfahrzeuge sein.
In den USA bringen wir dieses Jahr zwei neue vollelektrische Lkw auf den Markt, die sich perfekt ergänzen. Mit unserer neuen Marke RIZON bedienen wir das Segment von sechs bis neun Tonnen. Und unser neuer Freightliner eM2 besetzt das Segment von neun bis 15 Tonnen. Damit haben wir in diesem wichtigen Markt alle relevanten Gewichtsklassen abgedeckt. Denn im Segment von mehr als 15 Tonnen ist schon seit vergangenem Jahr unser Freightliner eCascadia im Einsatz.
Meine Damen und Herren, dieses Zukunfts-Portfolio ist auf unserer Reise nur ein Etappenziel. Wir bauen es kontinuierlich weiter aus. Unseren batterieelektrischen Stadtbus Mercedes-Benz eCitaro beispielsweise bieten wir nun auch als eCitaro fuel cell an, also mit zusätzlicher Brennstoffzelle für zusätzliche Reichweite. Unseren FUSO eCanter gibt es jetzt schon in 70 Varianten. Und in den nächsten Monaten geht unser Mercedes-Benz eActros 300 für den Verteilerverkehr auch als Sattelzugmaschine in die Serienproduktion. Wir bringen also viele neue Varianten unserer emissionsfreien Serienfahrzeuge auf den Markt. Und wir bringen in naher Zukunft auch viele komplett neue Modelle, vor allem für die Langstrecke. Hier direkt neben mir sehen Sie zum Beispiel einen Prototyp unseres eActros 600, der ohne Zwischenladen eine Reichweite von etwa 500 Kilometern schafft. Nächstes Jahr wird unser eActros 600 serienreif sein – und schon jetzt ist das Kundeninteresse sehr groß.
Nach unseren batteriebetriebenen Fahrzeugen folgen im weiteren Verlauf unserer Reise unsere wasserstoffbetriebenen Fahrzeuge. In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts bringen wir Wasserstoff-Lkw, und Ende des Jahrzehnts dann Wasserstoff-Busse. Bei Wasserstoff sind wir auf der Zeitachse also ein paar Jahre hinter der Batterie – und das ist genau der richtige Fahrplan. Denn eine Tank-Infrastruktur für Wasserstoff wird realistisch erst in einigen Jahren vorhanden sein – also dann, wenn wir unsere Fahrzeuge auf die Straße bringen.
Eines möchte ich bei unserer Wasserstoff-Strategie noch hervorheben: Bislang setzen wir vor allem auf die Brennstoffzelle. Aber wir beobachten natürlich auch sehr genau die Diskussion um einen Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Bei dieser Technologie sind wir ebenfalls in einer sehr guten Position: Zum einen können wir hier die enorme Erfahrung nutzen, über die wir bei klassischen Verbrennungsmotoren verfügen. Zum anderen haben wir in den vergangenen Jahren das nötige Know-how für eine mögliche Verwendung mit Wasserstoff aufgebaut.
Wir sind also gut vorbereitet. Wenn der Wasserstoff-Verbrennungsmotor politisch aus guten Gründen unterstützt wird – denn er ist eine sehr gute CO2-freie Alternative – dann können wir sehr schnell handeln und unseren Kunden entsprechende Fahrzeuge anbieten.
Um Ihnen unsere emissionsfreien Fahrzeuge vorzustellen, habe ich Ihnen ein kurzes Video mitgebracht.
Meine Damen und Herren, ich denke, es wurde deutlich: Daimler Truck hat sämtliche Technologien im Laderaum, auf die es bei dieser historischen Transformation ankommt. Dadurch sind wir in der Lage, auf unterschiedliche Szenarien sehr flexibel zu reagieren. Und das ist erfolgsentscheidend. Denn der genaue Verlauf der Transformation lässt sich nicht vorhersehen. Das hängt von Faktoren ab, die wir als Daimler Truck nicht in der Hand haben. Wie schnell Batterie und Wasserstoff den Diesel-Motor ablösen, hängt zum Beispiel auch davon ab, wie entschlossen Regulierer den Betrieb emissionsfreier Fahrzeuge unterstützen und den Einsatz von Diesel verteuern. Ein gutes Beispiel dafür ist die CO2-basierte Maut, die Deutschland zum 1. Dezember dieses Jahres einführen will und die wir als Daimler Truck sehr befürworten.
Schwer vorhersehbar ist außerdem, wie sich der genaue Mix aus Batterie und Wasserstoff entwickeln wird. Hier spielt der herausfordernde Aufbau einer europaweiten Lade-Infrastruktur eine wichtige Rolle, und auch die künftigen Energiepreise. Je nachdem, wie die Preise für Strom und Wasserstoff in Zukunft ausfallen, werden sich unsere Kunden vermehrt für Batterie-Lkw oder eben auch für Brennstoffzellen-Lkw entscheiden. Vor diesem Hintergrund wundert mich eines doch sehr: Ich werde hin und wieder immer noch gefragt, ob es nicht riskant sei, neben Batterien auch auf Wasserstoff zu setzen. Dabei liegt das eigentliche Risiko ganz woanders. Wirklich riskant wäre es, jetzt keine Wasserstoff-Antriebe zu entwickeln. Bei einem möglicherweise boomenden Markt für Wasserstoff-Fahrzeuge wäre man dann nämlich komplett außen vor.
Genauso wichtig wie für uns selbst ist unsere flexible Technologie-Strategie für unsere Kunden. Denn dadurch können sich unsere Kunden rund um den Globus auch in Zukunft zu 100 Prozent auf Daimler Truck verlassen. Ob leichte oder schwere Lasten, ob gut planbare oder kaum planbare Strecken – wir werden unseren Kunden für sämtliche Transportaufgaben eine passende emissionsfreie Lösung anbieten. Denkbar ist, dass sich im Lauf der Zeit folgende technologische Arbeitsteilung ergibt: Der städtische Bus- und Lkw-Verkehr nutzt Batterien. Der Fernverkehr nutzt Batterien oder wasserstoffbasierte Brennstoffzellen – je nachdem, was für unsere Kunden jeweils am wirtschaftlichsten ist und wofür die Infrastruktur am schnellsten entsteht. Und Lkw mit Aufbauten wie beispielsweise Betonmischer, die für diese Aufbauten deutlich mehr Energie benötigen als für den Fahrbetrieb, nutzen den Wasserstoff-Verbrenner.
Unsere Kunden erfolgreich zu machen – danach streben wir als Daimler Truck bei allem, was wir tun. Und wir wissen: Gerade in der Transformation wird es für unsere Kunden immer wichtiger, dass sie von uns nicht nur die richtigen Fahrzeuge bekommen, sondern auch die richtigen Gesamtlösungen.
Wir bauen unser Service-Angebot deshalb stetig weiter aus. Bestes Beispiel ist unser FUSO eCanter. Wir bieten für unseren eCanter nicht nur attraktive Services für Wartung, Versicherung und Leasing. Wir finanzieren beispielsweise auch den Aufbau der notwendigen Lade-Infrastruktur. Wir beraten umfassend zu den besten Ladestrategien auf den Betriebshöfen der Kunden und entlang der Route. Und wir bereiten zahlreiche weitere Services vor, etwa zum Energiebezug und zur Weiterverwendung bzw. dem Recycling der Batterien.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Bei Daimler Truck haben wir ein klares Bild vom Ziel unserer Reise, dem nachhaltigen Transport der Zukunft. Wir wissen deshalb sehr genau, welches Portfolio an Produkten, Technologien und Services es braucht, um auch in Zukunft für und mit unseren Kunden erfolgreich zu sein.
Jetzt möchte ich Ihnen berichten, wie wir uns in der Transformation organisieren, um dieses Portfolio der Zukunft effizient aufzubauen.
In unsere Montagewerke haben wir gezielt investiert, sodass wir konventionelle und emissionsfreie Fahrzeuge an denselben Produktionslinien fertigen können. Denn wie gesagt: Wie sich die Stückzahlen der verschiedenen Produkte und Technologien in den nächsten Jahren genau entwickeln, lässt sich nicht vorhersehen. Hier braucht es Flexibilität – und die haben wir nun auch in unseren Werken.
Für unsere deutschen Aggregatewerke haben wir gemeinsam mit den Arbeitsnehmervertretern zudem klare Zukunftsbilder vereinbart.
Wir machen unsere Werke aber auch dadurch zukunftsfähig, dass wir sie nachhaltig machen. Dafür haben wir einen klaren Zeitplan. Bei unseren europäischen Produktionsstätten haben wir schon im vergangenen Jahr die CO2‑Neutralität erreicht – unter anderem durch den Bezug von Strom aus Solar-, Wind- und Wasserkraft. Bis 2025 wollen wir unsere Werke in den USA, Japan und Indien ebenfalls CO2‑neutral machen.
Meine Damen und Herren, bei der Frage, wie wir uns in der Transformation organisieren, ist ein weiterer Aspekt noch sehr wichtig: Bei den Kerntechnologien der Zukunft achten wir zwar sehr genau darauf, dass wir das notwendige Know-how bei uns im Haus haben. Aber wir wollen – und wir werden – nicht alles selbst und schon gar nicht alleine machen. Denn dann wäre der Kapitaleinsatz zu hoch, und die Skaleneffekte wären zu niedrig. Das heißt, um im Bild zu bleiben: In der Transformation suchen wir uns ganz gezielt Reisebegleiter. Denn mit den richtigen Partnern sind wir deutlich wirtschaftlicher unterwegs und kommen mit geringerem Mitteleinsatz schneller voran.
Hier sind wir auch zu weitreichenden, strategischen Entscheidungen bereit. Dies zeigt die Absichtserklärung, die wir vor drei Wochen unterzeichnet und per Ad-hoc-Mitteilung kommuniziert haben. Wir wollen unsere japanische Tochtergesellschaft Mitsubishi Fuso mit Hino Motors fusionieren. Hino ist eine Tochtergesellschaft der Toyota Motor Corporation. Die Nummer drei und die Nummer zwei auf dem japanischen Nutzfahrzeugmarkt sollen ihre Kräfte bündeln, um deutlich höhere Skaleneffekte zu erzielen – und zwar bei neuen wie auch bei konventionellen Antriebstechnologien.
FUSO wird deshalb auch weiterhin alle relevanten Daimler Truck Technologie-Plattformen nutzen, insbesondere bei schweren Nutzfahrzeugen. Zugleich kann FUSO zusammen mit Hino bei leichten Nutzfahrzeugen die notwendige Größe erreichen, die wir alleine nicht erreichen können. Darüber hinaus haben Daimler Truck und Toyota vereinbart, bei der Transformation unserer Branche umfassend zusammenzuarbeiten, insbesondere bei wasserstoffbasierten Antrieben. Derzeit laufen die Prüfprozesse, die für solche Transaktionen vorgesehen sind. Wir streben an, dass die Fusion gegen Ende 2024 abgeschlossen sein wird.
Es gibt eine ganze Reihe weiterer Themen, bei denen wir mit Partnern zusammenarbeiten. Beispielweise bei der wichtigen Frage, wie wir uns künftig mit geeigneten Batterien versorgen. Um hier die richtige Qualität und die richtige Quantität der Batterien zu gewährleisten, werden wir als Daimler Truck eine Produktion aufbauen – aber eben nicht alleine, sondern gemeinsam mit Partnern.
Und auch beim Aufbau einer Lade-Infrastruktur für emissionsfreie Fahrzeuge arbeiten wir mit anderen Unternehmen zusammen. Eine solche Infrastruktur zu errichten, ist zwar nicht das Kerngeschäft von Daimler Truck und soll es auch nicht werden. Aber in der Anfangsphase wollen wir den Aufbau mit anschieben. Gemeinsam mit Industrie- und Finanzpartnern haben wir uns deshalb an den Joint-Ventures Milence und Greenlane beteiligt, die in Europa und den USA ein erstes Ladenetz für emissionsfreie Lkw etablieren wollen. Meine Damen und Herren, Sie sehen: Daimler Truck – Ihr Unternehmen – treibt den nachhaltigen Transport bei allen entscheidenden Themen voran, mit einer großen Entschlossenheit und einer klaren Strategie.
Aber klar ist auch: Für einen grünen Transport braucht es vor allem auch grüne Energie. Grüne Energie muss in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, zu bezahlbaren Preisen – und vor allem auch rechtzeitig. Wenn wir hier zu langsam sind, müssen wir die Batterien von elektrischen Lkw mit Kohlestrom laden. Oder Wasserstoff mit fossilen Energien herstellen. Das kann niemand wollen. Denn dann hätten wir als Gesellschaft nichts gewonnen. Dann könnten wir gleich beim Diesel-Lkw bleiben, das wäre für das Klima sogar besser. Wir müssen die grünen Energien deshalb nun zügig und entlang der gesamten Wertschöpfungskette ausbauen, von der Erzeugung bis zur Verteilung.
Zu der Frage, wie sich der Infrastruktur-Aufbau beschleunigen lässt, sind wir als Daimler Truck mit Politik und Regulierern im intensiven Austausch. Wir beraten hier sehr bereitwillig und sehr konstruktiv. Was wir – in Anlehnung an den Inflation Reduction Act in den USA – hier in Europa beispielsweise dringend brauchen, ist ein Bureaucracy Reduction Act. Bei Infrastruktur-Projekten müssen wir sämtliche Abläufe und Verfahren deutlich vereinfachen und beschleunigen, und zwar auf allen Ebenen. Wir arbeiten als Daimler Truck beständig an unseren Prozessen, um unsere Reisegeschwindigkeit hochzuhalten – und das braucht es auch seitens Behörden und Regulierern.
Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, liebe Freunde von Daimler Truck, ich denke, wir können alle sehr stolz sein auf unser Unternehmen: Wir haben ein klares Bild von der Zukunft des Transports – und wir gestalten diese Zukunft entscheidend mit. Wir arbeiten erfolgreich an unserer Profitabilität, wie unsere Geschäftszahlen zeigen. Wir kommen bei unserer Transformation sehr gut voran. Wir haben einen klaren Kompass für den weiteren Reiseverlauf - und wir haben einen unbändigen Drang zum Erfolg.
Für die Zukunft von Daimler Truck bin ich deshalb sehr zuversichtlich. Das gilt für 2023 – und das gilt erst recht für 2030. Unser gesamtes Team ist fest entschlossen, die enormen Chancen zu nutzen, die dieser historische Wandel unserer Branche mit sich bringt. Oder, um es mit den Worten der Fahrerinnen und Fahrer zu sagen, die mit unseren Lkw Tag für Tag auf große Fahrt gehen: Wir liefern!
Vielen Dank.
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Hier geht es zur Aufzeichnung der Reden des Aufsichtsratsvorsitzenden Joe Kaeser und des Vorstandsvorsitzenden Martin Daum.